Die Liste der Länder, in die österreichische Exporteure ihre Waren und Leistungen liefern, ist lang. Fundierte Informationen über die wirtschaftliche und politische Situation in diesen Märkten helfen heimischen Unternehmen, das Risiko besser einzuschätzen und die richtigen Instrumente für eine Minimierung dieser Risiken zu wählen. Unser Länderanalyseteam hat die wichtigsten Exportmärkte Österreichs immer im Blick. In unserer Serie #MärkteImFokus erfahren auch Sie, welcher Markt aktuell Chancen bietet und wo auf erhöhtes Risiko zu achten ist.
Werfen Sie gemeinsam mit unserem Expertenteam diesmal einen Blick auf interessante Zahlen, Daten und Fakten zu Brasilien und Kamerun.
Brasilien
Brasilien ist das fünftgrößte Land der Welt und ist mit seinen 8.514.285 Quadratkilometern fast so groß wie ganz Europa. In Brasilien leben mehr als 200 Millionen Menschen und trotzdem gibt es noch viele unerschlossene Gebiete. Es ist das einzige Land in Südamerika, in dem portugiesisch und nicht spanisch gesprochen wird.
Wirtschaftliche Situation
Agrar- und Rohstoffexporte als Turbo für die Wirtschaft
Brasilien ist die größte und leistungsstärkste Volkswirtschaft in Südamerika. Sie ist stark diversifiziert und reich an Bodenschätzen wie z. B. Erdöl, Erdgas, Erzen, Eisen und Stahl. Auch die Landwirtschaft mit Produkten wie z. B. Soja, Orangen und Kaffee, ist sehr produktiv und wettbewerbsfähig.
Das Land war vor allem im Jahr 2020 stark von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Es hatte die zweithöchste Covid-Mortalitätsrate weltweit und rutschte infolgedessen in die Rezession. Ab 2021 setzte jedoch ein positiver Trend ein, der sich - trotz des hohen Zinsniveaus und der globalen Konjunktureintrübung - bis heute fortsetzt. Das spiegelt sich auch in einer Anhebung des internationalen Ratings im August 2023 wider. Aufgrund der enormen Agrar- und Rohstoffexporte und der gestiegenen Weltmarktpreise konnte 2022 ein signifikanter Handelsbilanzüberschuss erzielt werden. Dank Rekordernten und hoher Preise ist auch 2023 mit einem weiteren Anstieg zu rechnen.
Hohe Staatsverschuldung und geringe Wachstumsdynamik als Belastung
Bestehende Strukturprobleme, Haushaltseinschränkungen und eine noch niedrige Arbeitsproduktivität stehen Wachstumsraten über 3 % in den nächsten Jahren entgegen. Die durch die steigende Inflation angehobenen Leitzinsraten betragen nunmehr 13,25 %, damit wird verstärkt Kapital aus dem Ausland angezogen, was die Landeswährung Real stabil halten könnte. Die Inflation hat sich 2023 wieder im einstelligen Bereich um die 5 % eingependelt.
Belastend bleiben die signifikante Staatsverschuldung und die in den letzten Jahren geringe Wachstumsdynamik. Strukturreformen sind unerlässlich, um langfristig die Wettbewerbsfähigkeit und das Geschäftsumfeld zu verbessern sowie eine Budgetstabilität zu sichern. Die Ankündigung eines umfangreichen staatlichen Investitionsprogrammes über 320 Mrd. EUR sowie der Ausbau im Bereich Erneuerbarer Energie - speziell die Produktion von grünem Wasserstoff - sollen weitere positive Impulse liefern.
Politisches Risiko
Die Wahlen im Herbst 2022 brachten – knapp – einen Regierungswechsel erneut hin zum linksgerichteten früheren Präsidenten Lula da Silva. Dieser möchte das Land nun wieder politisch einen. Der rechtsgerichtete Vorgänger Bolsonaro polarisiert weiter und hat noch immer eine starke Anhängerschaft, was sich auch in Protestaktionen deutlich gezeigt hat. Mittlerweile wurde Bolsonaro ein Amtsverbot bis 2030 auferlegt.
Lula ist nunmehr gefordert, seine ambitionierten Ziele umzusetzen, wenngleich seine Spielräume durch die konservative Opposition eingeschränkt sind. Teilerfolge gibt es bereits durch die Einleitung einer tiefgreifenden Steuerreform, die das komplexe brasilianische Steuersystem vereinfachen könnte. Auch international wird der Kurswechsel positiv bewertet und Lula versucht neben den innenpolitischen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen auch intensiver mit den Partnern aus der Region sowie mit China zusammenzuarbeiten.
Die Umsetzung des bereits ausverhandelten Freihandelsabkommens zwischen den MERCOSUR-Ländern und der EU könnte aufgrund der aktiveren Umweltpolitik Lulas ebenso wieder an Schwung gewinnen.
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Zahlen, Daten, Fakten
Der Name des Landes kommt von einem Baum
Der Name Brasilien bedeutet "rot wie Glut" und hat seinen Ursprung in "Pau Brasil". Das steht im portugiesischen für "glutartiger Baum". Das Holz dieses Baums hat eine rötliche Farbe und war viele Jahre lang der Hauptgrund für Reisen portugiesischer Seefahrer in die Region. Heute ist dieser legendäre Baum vom Aussterben bedroht.
Kamerun
Kamerun wird gerne als "Afrika im Kleinformat" bezeichnet, weil es fast alle Landschaftsbilder des Kontinents - Savannen, Seen, Regenwald, Berge, Vulkane, Plateaus, Strände und Meer - sowie verschiedenste Tier- und Pflanzenarten gibt. Die Amtssprachen Kameruns sind Französisch und Englisch. Das Land zeichnet sich allerdings durch eine große kulturelle Vielfalt aus und beheimatet insgesamt mehr als 200 verschiedene Sprachen, darunter afroasiatische und nilosaharanische.
Wirtschaftliche Situation
Auf dem Weg zum Schwellenland
Kameruns Volkswirtschaft ist im afrikanischen Vergleich mit seinen Kernbranchen Land- und Forstwirtschaft, Bergbau und der Förderung von Öl und Gas relativ breit aufgestellt. Es gilt als wirtschaftsstärkstes der sechs Länder der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft CEMAC. Der relativ große Binnenmarkt geht mit einer wachsenden und kaufkräftigen Mittel- und Oberschicht einher. Kamerun könnte stark von der Panafrikanischen Freihandelszone (AfCFTA) profitieren. Intensive wirtschaftliche Zusammenarbeit gibt es neben Frankreich auch mit den USA und China. Bis 2035 will das Land den Status eines Schwellenlandes erreichen.
Korruption und Bürokratie als Hemmschuh
Das Land ist historisch stark von seinen Ölexporten und den Weltmarktpreisen abhängig und verzeichnet seit 2015 einen Rückgang der Fördermengen, was auf alternde Infrastrukturen bzw. Erschöpfung der bereits erschlossenen Vorkommen zurückzuführen ist. Der Anteil der Agrarproduktion ist nunmehr tendenziell steigend. Die Wachstumsraten liegen noch unter den durchschnittlichen Vor-Corona-Pandemie Ergebnissen, die Inflation steigt 2023 vermutlich, unter anderem wegen höherer Importkosten, auf fast 7 % an. Mangelhafte Infrastruktur, Korruption und die überbordende Bürokratie behindern eine bessere wirtschaftliche Erholung. Zusätzliche Abwärtsrisiken sind insbesondere die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges, ungünstige Witterungsbedingungen sowie sozialpolitische Konflikte im Land. Die Spannungen inklusive bewaffneter Konflikte in den instabilen, jedoch rohstoffreichen und fruchtbaren, anglophonen Regionen beeinträchtigen die wirtschaftliche Entwicklung über diese Landesteile hinaus.
Laut der IWF-Schuldentragfähigkeitsanalyse besteht für Kamerun seit 2020 ein überhöhtes Überschuldungsrisiko („high risk of debt distress“). Daher sind - wie schon in früheren Jahren - IWF-Programme und Unterstützung der Weltbank zur weiteren Stabilisierung und wirtschaftlichen Erholung unerlässlich. Das letzte 3 Jahres-IWF-Programm wurde im Juli 2021 über insgesamt 690 Mio. USD genehmigt. Gemeinsame Erdölprojekte mit Äquatorialguinea und die Fertigstellung eines Mega-Staudammes könnten dem Land wieder zu mehr positiven Impulsen verhelfen.
Politisches Risiko
Nach der Aufteilung zwischen den Kolonialmächten England und Frankreich erlangte Kamerun 1960 bzw. 1961 seine Unabhängigkeit mit einer Präsidialrepublik nach französischem Muster. 1982 wurde Paul Biya zum Präsidenten Kameruns ernannt, er ist aktuell mit seinen über 90 Jahren das älteste amtierende Staatsoberhaupt der Welt. Durch seine autokratische Regierung entstand zwar in den letzten Jahren eine gewisse Stabilisierung, es ist jedoch bis heute nicht gelungen, die Gewaltausbrüche bzw. den bürgerkriegsähnlichen Konflikt mit den anglophonen Regionen beizulegen. Zudem kommt es seit 2014 vermehrt zu Attacken der radikal-islamistischen Boko Haram im Norden des Landes.
Menschenrechtsverletzungen, Repressalien und tödliche Angriffe durch Separatisten sowie Flucht aus den Gebieten stehen auf der Tagesordnung. Die unausweichliche Nachfolgefrage ist bis dato ungeklärt und birgt ein Unsicherheitspotenzial für die Zukunft. Widerstand gegen die Nachfolge eines Mitgliedes aus der Präsidentenfamilie regt sich. Bei den Senatswahlen im März 2023 allerdings zeigte sich die Dominanz der Präsidentenpartei. Ausgeprägte Vetternwirtschaft und Korruption sowie die hohe Einflussnahme des Staates hemmen eine bessere wirtschaftliche Entwicklung des Landes.
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Zahlen, Daten, Fakten
Der Name des Landes kommt von einem Fluss
Erste Europäer kamen 1472 in das Gebiet. Dort erkundeten portugiesische Seefahrer den Wouri-Fluss, der beim heutigen Douala ins Meer mündet. Weil sie so viele Krabben in dem Fluss fanden, nannten sie ihn Krabbenfluss. Das heißt auf Portugiesisch "Rio de Camarões". Danach wurde später das ganze Land benannt: Kamerun.
Brasilien | Kamerun | |
BIP-Wachstum |
In den letzten Jahren volatile Wachstumsraten. Zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 Einbruch auf minus 3,6 %; in 2021 rasche Erholung auf 5,3 %. Im Gesamtjahr 2023 liegt die Schätzung aufgrund der hochproduktiven Landwirtschaft bei moderaten plus 3,2 %, für die Folgejahre werden gedämpfte Werte um bis plus 3 % prognostiziert. |
2020 Einbruch des BIP aufgrund der Corona-Pandemie auf 0,5 %, wieder Erholung ab dem Jahr 2021 (3,7 % Wachstum). Für 2023* (+ 4 %) und in den Folgejahren ist ein weiterer BIP-Anstieg von über 4 % zu erwarten, gestützt vor allem auf die stärkere Dynamik im Landwirtschafts- und Dienstleistungssektor sowie in der Holzindustrie, die die rückläufige Erdöl-Produktion kompensieren könnte. |
Staatshaushalt |
Chronisch defizitärer Staatshaushalt - 2020 noch über –13,3 % des BIP v.a. durch die Corona-Pandemie und Rezession. 2023* wird mit –7,8 % des BIP gerechnet, allerdings mit künftig wieder - wie schon in den Jahren 2021 u. 2022 - fallender Tendenz. |
Seit jeher defizitärer Staatshaushalt, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung. 2020 und auch 2021 liegt das Minus noch bei 3,2 bzw. 3 % des BIP mit fallender Tendenz 2022* und 2023* auf -1,9 bzw. -0,8 % des BIP. Die Prognose bis 2026 bleibt auf ähnlichem Niveau. |
Leistungsbilanz |
Seit jeher im negativen Bereich, wenngleich schwankend: 2023* wird das Minus 45,7 Mrd. USD bzw. 2,1 % betragen. Bis 2026* weiterer Anstieg bis auf -76 Mrd. USD bzw. -3,1 % des BIP erwartet. Die Handelsbilanz ist jedoch weiterhin stark positiv. |
Historisch im negativen Bereich, jedoch volatil. 2023* wird das Minus auf 1,8 Mrd. USD , d.s. -3,9 % des BIP, geschätzt. Bis 2026* ist ein weiterer Anstieg bis auf -2 Mrd. USD (-3,2 % des BIP) zu erwarten. Die Handelsbilanz ist bis dato ebenso im negativen Bereich, allerdings weniger deutlich als die Leistungsbilanz (2023*: 1 Mrd. USD, d.s. -2,1 % des BIP) mit nominell leicht steigender Tendenz in den nächsten Jahren. |
Auslands-verschuldung |
In den letzten Jahren nominell auf relativ konstantem Niveau nach niedrigeren Zahlen vor 2010 (2010: 257 Mrd. USD, 2020: 310,8 Mrd. USD 2022: 319,6 Mrd. USD), für 2023 um knapp 350 Mrd. USD (16,4 % des BIP/79,1 % der Exporte) erwartet. Vor allem aufgrund hoher Investitionen starker Anstieg bis 2026* auf fast 480 Mrd. USD Die zuletzt wieder rückläufige Schuldendienstrate wird 2022 nur auf knapp 20 % der Exporte, 2023* auf 15,9 % eingeschätzt. Die markanten Devisenreserven bilden ein komfortables Sicherheitspolster (2023*: 340 Mrd. USD) und sind nach einem Rückgang 2022 auf 317 Mrd. USD wieder im Steigen. Die Importdeckung hat sich gegenüber früherer Jahre stark reduziert, bewegt sich derzeit allerdings um die 10 Monate, sodass die Schuldenbedienung nicht gefährdet scheint. |
In den letzten Jahren nach erfolgter HIPC-Entschuldung (2006) wieder kontinuierlich steigend. Nach 2020 noch 14,8 Mrd. USD werden in 2023* 16,2 Mrd. USD, das entspricht 34,3 % des BIP und 176,5 % der Exporte, mit einem weiter leicht erhöhten Ausblick für die Folgejahre erreicht. Das Überschuldungsrisiko bleibt hoch. Die Devisenreserven sind auf einem positiven Pfad und betragen 2023* 5,1 Mrd. USD, das sind derzeit relativ komfortable knappe 6 Monate Importdeckung. Die Schuldendienstrate pendelt sich für das Gesamtjahr 2023* bei über 15 % der Exporte ein, die Prognose bis 2026* ist leicht rückläufig. |
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