01.04.2019

Cote d`Ivoire. Das neue Jahrtausend begann für das Land turbulent und blutig. Jetzt aber boomt die Wirtschaft und die Transformation zum Schwellenland soll starten.

Auf dem Weg zu mehr Wertschöpfung: Kakao zu Schokolade veredeln

Auf dem Flug in den Süden verändert sich die Landschaft von Minute zu Minute: Immer mehr Vegetation mischt sich in das Beige der Sahara. An der Grenze zu Cote d'Ivoire ist von Wüste keine Spur mehr, Wälder und Felder prägen das Bild. Aber das Grün wird noch viel üppiger, wenn man erst über die Kakaoanbaugebiete fliegt. 40 Prozent der Weltproduktion von Kakao kommen von hier. Fast ebenso hoch ist der Anteil, den Kakaobohnen an den ivorischen Exporten haben. Sie sind die Existenzgrundlage für einen großen Teil der Bevölkerung und bescheren dem Land satte Handelsüberschüsse. Aber Kakao hat bekanntlich auch Bitternoten: Noch immer gibt es hier viel Kinderarbeit, allen Zertifikaten zum Trotz. Und die Einkünfte sind stark vom Wetter und den schwankenden Weltmarktpreisen abhängig.

Vom Beispielland zum Bürgerkrieg

So waren niedrige Kakaopreise meist mitverantwortlich für die Krisen, die das Land durchschreiten musste. Lange galt die Côte d’Ivoire als Paradebeispiel für gelungene Entwicklung – in den Siebzigern soll sogar eine Delegation aus dem damals noch armen Südkorea angereist sein, um sich etwas abzuschauen. „Bis 1999 war das Land das politisch stabilste und wirtschaftlich stärkste des frankophonen Westafrikas“, sagt Länderexpertin Ines Baumann von der OeKB. Doch rasch ging dieser Ruf verloren: Auf eine Wirtschaftskrise aufgrund fallender Kakaopreise folgte ein Militärputsch, der ein turbulentes neues Jahrtausend einläutete. Ein Bürgerkrieg zwischen Anhängern von Präsident Laurent Gbagbo im Süden und Alassane Outtara im Norden führte de facto zu einer Teilung des Landes (2002-2007). Nach der Präsidentschaftswahl 2010 kam es erneut zu monatelanger Gewalt: Ouattara wurde international als Wahlsieger anerkannt, doch Gbagbo wollte sein Amt anfänglich nicht abgeben.

Die beeindruckende wirtschaftliche Performance 2017 und 2018 macht das Land zu einer der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in der Region.
Ines Baumann, OeKB-Länderexpertin

Industrie holt Schwung

Seither ist Ruhe eingekehrt und die Wirtschaft boomt. Wachstumsraten um die acht Prozent waren in den letzten Jahren die Regel. „Die beeindruckende wirtschaftliche Performance 2017 und 2018 macht das Land zu einer der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in der Region“, sagt Baumann. Michael Berger, der für die Côte d’Ivoire zuständige österreichische Wirtschaftsdelegierte, sieht das Wachstum dadurch getrieben, dass der Rückschlag durch den Bürgerkrieg nun aufgeholt wird. „Aber auch die Industrie wächst – man beginnt zum Beispiel, Konsumgüterprodukte für die wachsende Mittelschicht zu produzieren“, berichtet Berger. So ging 2015 die erste Schokoladenfabrik des Landes in Betrieb – ein symbolisches Ereignis für die geplante Transformation der bisher agrarisch geprägten Wirtschaft. „Die Lebensmittel verarbeitende Industrie trägt wesentlich zum Wachstum des industriellen Sektors bei“, bestätigt Baumann.

Zweitgrößter Hafen Afrikas

Gute Voraussetzungen für eine weiterhin kräftige Konjunktur sieht Christoph Mayer. Der auf das frankophone Afrika spezialisierte Unternehmensberater ist Präsident der Österreich – Côte d’Ivoire Freundschaftsgesellschaft. „Die Verkehrs- und Energieinfrastruktur ist im regionalen Vergleich gut entwickelt.“ Côte d’Ivoire sei zudem das Herz der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion UEMOA. „Viele Exporte der Nachbarländer laufen über den Hafen Abidjan, den zweitgrößten des Kontinents.“ Die Ivorer kennt Mayer als ausgesprochen betriebssam und fleißig: „Sie sehen sich als Land mit Leuchtturmfunktion. Wenn dort ein Produkt gut läuft, übernehmen das oft auch die Nachbarländer.“ Bemerkenswert ist auch, dass die Währung, der CFA-Franc, an den Euro gekoppelt ist.

  Wussten Sie, dass

  • ... Abidjan formal keine Stadt ist, sondern aus zehn eigenständigen Gemeinden besteht?
  • ... geschätzte 100.000 Menschen libanesischer Abstammung im Land leben, viele davon als Händler?
  • ... die Jagd in Côte d’Ivoire schon seit 1974 verboten ist?

Freihandelszone ohne Handel

Trotz der offenen Grenzen ist allerdings der Handel innerhalb der UEMOA noch nicht sehr rege – „weil alle Länder ungefähr dasselbe produzieren und die Verkehrsverbindungen zwischen den Ländern noch schlecht sind“, vermutet der Wirtschaftsdelegierte Berger. Von Casablanca aus betreut er zahlreiche französischsprachige Länder in Westafrika. Auch er schreibt der Elfenbeinküste eine Führungsrolle zu. „Alleine wenn man sich ansieht, in welchem Zustand die Straßen sind und welche Autos dort fahren, bemerkt man einen Vorsprung gegenüber Ländern wie Guinea oder Mali.“

Derzeit stützt sich die Wirtschaft neben Kakao auf Produkte wie Kaffee, Baumwolle und Cashewnüsse. Auch eine nennenswerte Erdölindustrie gibt es, inklusive Raffinerie. Viele vermutete Vorkommen sind noch unerschlossen. Der Tourismus dagegen ist kaum entwickelt – auch wenn die mit Kokospalmen gesäumten Sandstrände noch so verlockend aussehen.

Sie sehen sich als Land mit Leuchtturmfunktion. Wenn dort ein Produkt gut läuft, übernehmen das oft auch die Nachbarländer.
Christoph Mayer, Präsident der Österreich-Côte d’Ivoire Freundschaftsgesellschaft

Österreich spärlich vertreten

Die wirtschaftlichen Beziehungen zu Österreich sind noch nicht sehr eng: Nach Afrika geliefert werden vor allem Maschinen, Österreichs Exporte machten zuletzt in Summe rund 29 Millionen Euro aus. Bei den Importen dominiert Kakao, daneben Cashews und exotische Früchte wie Ananas. „Es gibt keine österreichischen Firmen, die dort produzieren oder Niederlassungen betreiben“, sagt Berger. Viele Unternehmen zeigen aber Interesse an dem Markt, einige wie VAMED am Spitalssektor haben auch schon erste Projekte realisiert.

„Hauptthemen sind zum Beispiel Infrastruktur, Urbanisierung, Smart City, Abfall- und Wasserwirtschaft“, sagt Berger. Gute Chancen für österreichische Lieferanten und Investoren sieht Ines Baumann von der OeKB unter anderem auch in den Bereichen Gesundheitsversorgung und Medizintechnik, Kunststoffe und Bildung. Die französische Sprache ist allerdings oft eine Hürde, erinnert Berger: „Dort können sie nicht einfach englischsprachige Kataloge hinschicken.“ Ein Vorteil ist dagegen das gute Image Österreichs, wie Mayer berichtet: „Wir haben Kollegenstatus, werden als gleichwertig wahrgenommen – anders als etwa Frankreich, Deutschland, oder Russland. Und wir haben keine Kolonialvergangenheit.“

Aktuelle Deckungspolitik für Cote d‘Ivoire

Top-Geschäftschancen

  • Deckung mit Einschränkungen
  • 99 % Deckungsquote für politische Risiken
  • OECD-Länderkategorie 6 von 7

Zu den Länderinformationen

  • Infrastruktur
  • Urbanisierung
  • Smart City
  • Abfall- und Wasserwirtschaft
  • Gesundheitsversorgung
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  • Kunststoffe
  • Bildung

Wenig Bildung, viel Armut

Noch ist die Republik Côte d’Ivoire in Rankings wie dem Human Development Index weit hinten zu finden. „Der Analphabetismus sinkt, liegt aber immer noch bei knapp 40 Prozent“, sagt der Wirtschaftsdelegierte Michael Berger. Ein ähnlich großer Anteil der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Zu hoffen ist, dass auch sie bald vom Aufschwung profitieren.

Dafür gilt es für das Land zuerst, die Wahl 2020 gewaltfrei zu überstehen. Denn der Ex-Präsident Gbagbo, der nach den Unruhen 2011 verhaftet wurde, wurde nun vom internationalen Strafgerichtshof in Den Haag freigesprochen. Kehrt er zurück, könnte es zu einer harten Konfrontation kommen. „Gbagbo hat nach wie vor viele Anhänger und trotz der wirtschaftlichen Erfolge ist Ouattara nicht sehr beliebt“, meint Berger. „Die Unsicherheit bewirkt derzeit auch, dass aus- und inländische Investitionen noch zurückgehalten werden, weil die noch die Wahl abwarten.“ Unternehmensberater Mayer ist optimistisch und geht von einer ruhigen Wahl aus: „Die Bevölkerung will keine Auseinandersetzung mehr. Ich glaube nicht, dass irgendeine Fraktion das in den letzten Jahren Erreichte aufs Spiel setzen wird.“

Cote d‘Ivoire in Zahlen*

  • Bevölkerung 25 Mio.
  • Human Development Index: Rang 170 (von 189)
  • Geburtenrate: 4,9 Kinder/Frau
  • Lebenserwartung: 53,6 Jahre
  • BIP-Wachstum real 2017: 7,8 %
  • BIP absolut 40,5 Mrd. US-$
  • BIP pro Kopf:  1.621 US-$
  • Inflation: 0,8 %
  • Exporte: 11,8 Mrd. US-$
  • Importe: 8,8 Mrd. US-$

+

-

+ Kein Währungsrisiko (an Euro gebunden)
+ Rohstoffreichtum (Kakao, Gold, Öl)
+ Regionales Zentrum
+ Investitionen in Infrastruktur
+ Reformagenda

- Ineffiziente Verwaltung
- Korruption
- Noch geringe Kaufkraft
- Politisches Risiko durch Wahl 2020
- Stark von Landwirtschaft abhängig

Geschichte kurzgefasst: Koloniale Vergangenheit

Die Küstenregion war schon vor über 13.000 Jahren besiedelt, wie Funde bestätigen. Staaten bildeten sich hier jedoch bis zur Kolonialzeit nicht. Der Norden war ab dem 2. Jahrtausend n. Chr. immer wieder Teil größerer Reiche in der Sahelzone. Die Stadt Kong war im 18. und 19. Jahrhundert sogar Zentrum eines gleichnamigen Reiches, das erst 1895 niederging. Ab dem 15. Jahrhundert trieb Portugal an der Küste Handel, einige Städtenamen erinnern noch an sie.

Auch die Franzosen kamen zum Handeln, begannen aber erst ab 1843, von der Stadt Grand Bassam aus, ihre Macht auszudehnen. Ab 1893 war Côte d’Ivoire französische Kolonie. 1958, bereits mit viel Autonomie ausgestattet, votierte das Land noch für den Verbleib bei Frankreich. 1960 wurde es doch unabhängig, hielt aber an engeren Verbindungen zu Frankreich fest als andere Ex-Kolonien. Der prowestliche erste Präsident hielt sich bis 1993 im Amt, sein Nachfolger stammte ebenfalls aus der Einheitspartei PDCI. Vom Militärputsch 1999 bis 2011 war das Land politisch instabil. Seither regiert Präsident Alassane Ouattara, der 2015 im Amt bestätigt wurde.

*Quelle: WKO

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