Peru: Wirtschaftsfreundliche Politik soll die Andenrepublik bald wieder florieren lassen wie einst vor der Ankunft der Europäer – Wetterkapriolen und politischen Turbulenzen zum Trotz.
Küste, Berge, Dschungel
Peru lässt sich grob in drei Regionen einteilen: die Küste, die Anden und den Regenwald. Die kulturelle Wiege Perus liegt in den Bergen, wo die Inka einst mit Cusco ihre florierende Hauptstadt hatten und man auf viele Spuren präkolumbianischer Zivilisation trifft. Hier herrscht trotz der Äquatornähe ganzjährig mildes Klima. Östlich davon liegen riesige Regenwälder, in denen der Amazonas seinen Ursprung hat. Mitten im Dschungel, nur per Luft und Boot erreichbar, ist hier die Stadt Iquitos mit einer halben Million Einwohnern entstanden – sie ist ein Zentrum der Erdöl- und Holzwirtschaft.
Der spanisch geprägte schmale Küstenstreifen am Pazifik, wo auch die Hauptstadt Lima mit fast zehn Millionen Einwohnern liegt, gilt normalerweise als ausgesprochen trockene Gegend, fruchtbar sind nur die Täler und Mündungsgebiete der Flüsse. Doch im März 2017 ließ das Wetterphänomen El Niño schwere Regenfälle niedergehen: Überschwemmungen und Schlammlawinen forderten Dutzende Tote und hinterließen Milliardenschäden.
Ex-Präsidenten im Visier der Justiz
Die Politik wurde fast gleichzeitig durch neue Enthüllungen in der Korruptionsaffäre um den brasilianischen Odebrecht-Baukonzern erschüttert. „Peru war eines der Hauptländer, wo Odebrecht kräftig geschmiert hat“, berichtet Wolfgang Köstinger, der als österreichischer Wirtschaftsdelegierter den Markt Peru von Santiago de Chile aus betreut. Im Zuge der Affäre wurden zahlreiche hochrangige Politiker verhaftet, im Juli 2017 auch Ex-Präsident Humala. Sein Vorgänger Alejandro Toledo ist ebenfalls in den Bestechungsskandal verwickelt und wird per internationalem Haftbefehl gesucht.
2016 folgte auf Humala der liberal-konservative Ökonom Pedro Pablo Kuczynski, der sich hauchdünn gegen Keiko Fujimori durchsetzte, die Tochter des Ex-Präsidenten Alberto Fujimori. Dieser wiederum sitzt wegen Menschenrechtsverletzungen im selben Gefängnis wie Humala. Kuczynskis Reformpläne wurden allerdings erheblich dadurch behindert, dass im Kongress Fujimoris Partei eine Mehrheit hat. Das führte so weit, dass dem Ministerpräsidenten das Misstrauen ausgesprochen wurde und Kuczynski ein neues Kabinett aufstellen musste. Dieses wurde im Oktober vom Kongress bestätigt. März 2018 kam es zu einem erneuten Präsidentenwechsel: Pedro Pablo Kuczynski trat nach Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit dem brasilianischen Baukonzern Odebrecht zurück und kam damit einem geplanten Amtsenthebungsverfahren im Parlament zuvor. Sein Nachfolger ist der frühere Vizepräsident Martín Vizcarra.
Bauprojekte in der Warteschlange
Der Odebrecht-Skandal brachte auch zahlreiche Bauprojekte zum Erliegen, an denen Odebrecht beteiligt war. „Der Bau einer Gaspipeline ist vorläufig gestoppt, die Errichtung der U-Bahn in Lima verzögert sich und Pläne für einen internationalen Flughafen liegen auf Eis“, berichtet Köstinger.
Bald wird aber im ganzen Land fleißig gebaut werden, denn Peru möchte stark in seine Infrastruktur investieren – sowohl in den Verkehr, als auch in die Wasserwirtschaft. „In Lima leben viele Menschen ohne Zugang zu Wasser und Strom“, sagt Wolfgang Köstinger. „Die Regierung hat das Ziel, dass in einigen Jahren 95 Prozent der urbanen Bevölkerung mit Trinkwasser versorgt ist.“ Hier wittert er auch Chancen für österreichische Firmen, ebenso bei der Abwasserbehandlung.
An einer hochrangigen Nord-Süd-Straßenverbindung wird bereits gebaut, eine mehr als 10 Milliarden Dollar teure Bahnverbindung nach Brasilien ist dagegen noch eine Vision: China will diese Strecke errichten, um Brasiliens Atlantikhäfen mit dem peruanischen Ilo am Pazifik zu verbinden. „Ich glaube, die Strecke wird irgendwann kommen, aber das ist ein Jahrhundertprojekt“, kommentiert Köstinger. „Den Hafen Ilo gibt es eigentlich noch gar nicht.“
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Viel Metall, wenig Steuern
Perus Wirtschaft ist stark von Rohstoffen abhängig: Es ist zweitgrößter Kupferproduzent der Welt, liegt auch bei Silber, Zink, Zinn, Blei und Molybdän im Spitzenfeld. „60 Prozent der Exporte kommen aus dem Bergbau“, sagt Köstinger. Den Rest bilden vor allem Agrarprodukte wie Kaffee, Avocados, Mangos und Spargel. „Peru ist dabei eine äußerst offene Volkswirtschaft“, erläutert der Wirtschaftsdelegierte. „Zollsätze sind traditionell niedrig und mit allen wichtigen Exportpartnern – China, den USA, der EU und Brasilien – gibt es Handelsabkommen.“
"Ausländische Investoren werden mit offenen Händen empfangen", berichtet Köstinger, „auch in Schlüsselbereichen, die andere Länder schützen.“ Die Steuerquote ist mit rund 20 Prozent nur halb so hoch wie in Österreich. „Allerdings gibt es einen großen informellen Sektor, der keine Steuern zahlt“, meint Köstinger. Daher müsse man auch die offizielle Arbeitslosenquote von nur sieben Prozent mit Vorsicht genießen. Belastbarer sind da die Zahlen zum Wirtschaftswachstum: voriges Jahr 4 Prozent, heuer 2,5, „nächstes Jahr soll es wieder deutlicher aufwärts gehen.“
Schwächen des Standorts sind die verbreitete Korruption, die mühsame Bürokratie sowie das Bildungsniveau. „Es gibt kein duales Ausbildungssystem und auch die Universitäten zählen nicht zu den besten“, erläutert Köstinger. „Wer hier eine Niederlassung gründet, muss sich auch selbst um die Ausbildung der Arbeitskräfte kümmern.“ Das ist wohl ein Grund, warum sich aus Österreich noch kein Unternehmen mit einem eigenen Werk hier angesiedelt hat – sehr wohl aber betreiben mehrere Planungsbüros Niederlassungen.
Viel Potenzial für Exporteure
Die Importe aus Österreich gingen zuletzt leicht zurück, was Wolfgang Köstinger allerdings auf Schwankungen im Projektgeschäft zurückführt: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass Österreich künftig verstärkt nach Peru exportieren wird und auch bei größeren Infrastrukturprojekten zum Zug kommt.“ Konstant sind derzeit die Exporte von Maschinen zur Kunststoffbearbeitung und Ketten für Minenfahrzeuge. Im letzten Jahrzehnt stieg das Exportvolumen von rund 20 auf knapp 90 Millionen Euro. „Chancen sehe ich vor allem in den Bereichen Energie, Umwelt und Weiterverarbeitung“, sagt Köstinger. „Potenzial ist auf jeden Fall noch vorhanden, wenn man bedenkt, dass Peru über 30 Millionen Einwohner hat.“
Peru in Zahlen* |
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Schon vor mehreren tausend Jahren entstanden in Peru Stufenpyramiden und künstliche Bewässerungssysteme für den Anbau von Mais, Erdnüssen und Kürbissen. Zahlreiche (Hoch-)Kulturen prägten die Frühgeschichte des Landes. Das florierende Reich der Inka breitete sich im 15. Jahrhundert über den halben Kontinent aus – und wurde wenig später von den Spaniern blutig erobert. Spanien errichtete ein Vizekönigreich mit der neu gegründeten Hauptstadt Lima. Die Eingeborenen wurden gezwungen, unter oft unmenschlichen Bedingungen Silber und Gold abzubauen. Seine Unabhängigkeit (1821) verdankt Peru primär einer Armee der bereits unabhängigen Nachbarn Chile und Argentinien. Die Niederlage im Salpeterkrieg (1879-1884) gegen Chile warf das Land wirtschaftlich Jahrzehnte zurück. Das 20. Jahrhundert brachte den boomenden Kupferabbau, mehr Rechte für die Indigenen, aber auch viele politische Konflikte, die in einer Militärjunta (1968-80) und einer autokratischen Regierung Alberto Fujimoris (1990-2001) gipfelten. |
*Quelle: WKO, Weltbank (Zahlen für 2015-17)
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